Te Lutherum damnamus

Zum konfessionellen Ausdrucks- und Konfliktpotential in der Musik der Reformation

Autor/innen

  • Klaus Pietschmann

DOI:

https://doi.org/10.13141/jmb.v20062514

Abstract

Dieser Aufsatz thematisiert und hinterfragt den Einsatz von Kunstmusik als Medium konfessioneller Selbstvergewisserung sowie wechselseitiger Beeinflussung und Abgrenzung zwischen Protestanten und Altgläubigen während der Reformation. Wie eingeräumt wird, überwiegt hier im Allgemeinen – angesichts der konfessionellen Konfliktsituation im 16. Jahrhundert überraschend – eher die Annäherung an, als die Attacke auf, den Kontrahenten. Zentrales Moment, das diesen Umstand bedingt, ist die von beiden Seiten geteilte hohe Wertschätzung kunstvoller Polyphonie. Genauer analysierte Beispiele wie die auf einem um 1548 entstandenen Einblattdruck erschienene Komposition Beatus vir qui non abiit in consilio, die Motette Te Lutherum damnamus des Ferrareser Kapellmeisters Maistre Jhan und das Traktat Sopra una differentia musicale des päpstlichen Sängers Ghiselin Danckerts enthalten jedoch, abgesehen vom Text, gerade in ihrem Überlieferungskontext und ihrer mehrstimmigen Konstruktion hohes Konfliktpotential. Sie zeichnen sich durch konnotative bis polemische Stoßkraft aus und sind den kontemporären Propagandaliedern, die bisher oft im Fokus kirchenmusikalischer Forschung standen, an semantischer Kraft, Bedeutungsschwere und -breite zum Teil weit voraus. Davon abgesehen gehören sie zu den außergewöhnlichen und teils drastischen kompositorischen Leistungen, mit denen polyphone Meister sich gegenüber den Streitfragen ihrer Zeit positionierten. (Sabine Koch)

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Veröffentlicht

2018-05-09

Ausgabe

Rubrik

Beiträge des Symposiums "Musikgeschichte im Zeichen der Reformation" (2004)