Melische Dichtung und Vokalfarbenmusik im Madrigal

Giaches de Wert vertont Tasso

Autor/innen

  • Hartmut Schick

DOI:

https://doi.org/10.52412/mf.2011.H3.204

Abstract

Torquato Tassos Lyrik stellt aufgrund ihrer forcierten klanglichen Gestaltung einen Sonderfall der Lyrik des Cinquecento dar. Eine Ausnahme neben den Vertonungen Claudio Monteverdis, welche dem Neuartigen von Tassos Lyrik besondere Aufmerksamkeit schenkten und diese musikalisch untermalten, stellen die Madrigalkompositionen Giaches de Werts dar. Letzterer stand in engem Kontakt zu Tasso selbst, da er regelmäßig am Hofe Alfonso II. d'Este verkehrte und zahlreiche, über dessen kurze Lyrik hinausgehende Texte Tassos vertont hatte, insbesondere Teile aus "Gerusalemme liberata". Gerade die auf einer sehr frühen Textfassung beruhende Komposition "Giunto alla tomba" muss eine große Aufmerksamkeit am Ferrareser Hof erregt haben, da Tasso einerseits zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Komposition im Irrenhospital eingesperrt war und andererseits die Vertonung dieses hinsichtlich seiner intensiven klangmotivischen Verdichtung besonderen Textes als außerordentlich anspruchsvoll angesehen worden sein muss. Langsame harmonische Wechsel und zurückhaltende melodische Bewegung betonen den Klang, schaffen eine hohe Transparenz und lassen - insbesondere im Vergleich mit Luca Marenzios Vertonung einer späteren Textfassung - Tassos sprachlichem Spiel eine außerordentliche Aufmerksamkeit und Wertschätzung zukommen. Die spezifische melische Qualität der Sprache wird von de Wert mit musikalischen Mitteln sogar noch verstärkt. Beim Naturmadrigal "Vezzoso augelli" arbeitet de Wert hingegen mit überbordender - die Naturfülle darstellender - Polyphonie, die sich des Durcheinanderwürfelns von Textteilen bedient und mithilfe von Tassos Lautgestaltung durch die Betonung einzelner zentraler Worte diese durch das ganze Stück hinweg leitmotivisch auf verschiedenen Ebenen vertont.

bms online (Sarah Grossert)

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Veröffentlicht

2021-09-22