„Um dich, mit dir, in dir war die Hölle von Anfang an!“ – Verborgene (Jenseits-)Räume in Conrad Ferdinand Meyers Angela Borgia
Abstract
In Conrad Ferdinand Meyers (1825–1898) letzter vollendeten Novelle Angela Borgia findet sich nach einer detaillierten Textanalyse eine Wiederaufnahme des dantesken Jenseitstopos. Es kommt zu einer reduzierenden Deformation der Wanderungs- und Läuterungsthematik aus Dante Alighieris Göttlicher Komödie. Die Gesetze des Jenseits sind in die diesseitige Welt transponiert und – einem Experiment ähnlich – in eine Versuchssituation verwandelt, in der die Schuldigen und Gerechten zwar eindeutig markiert sind, jedoch ihren Platz in der Welt nicht so kurzerhand finden wie die Sündigen und Seligen bei Dante. Allerdings sind moralistische Maßstäbe im späten 19. Jahrhundert nicht mehr anwendbar, die Sinnlichkeit in Meyers Texten allgegenwärtig, sodass sich in Angela Borgia – fernab von religiösen Erklärungsmustern – die menschliche Suche nach sich selbst offenbart.